Artikel der NRZ vom 29.08.2020

Gute Nachbarschaft wird großgeschrieben im Neubaugebiet an der Mariannenbahn in Horst. Jetzt sammeln die Anwohner für einen öffentlichen Bücherschrank am Quartiersplatz

Asgard Dierichs

Horst Anwohner, Händler, Politiker und Kulturschaffende haben sich zusammengeschlossen: Sie machen sich dafür stark, dass die Siedlung an der Mariannenbahn in Horst einen eigenen Bücherschrank bekommt. Fünf Jahre besteht das Neubaugebiet jetzt schon, da sei doch die Zeit für eine solche Anschaffung gekommen.

„Es gibt bereits jeweils einen Bücherschrank in Freisenbruch, Kray und Steele“, sagt Arndt Hepprich (64). Der Kulturbeauftrage für die SPD in Kray und Steele und Vorsitzende des Steeler Archivs will den Bürgerwunsch bei der kommenden Sitzung Anfang September den Bezirksvertretern nahelegen. Es fehlen noch circa 4000 Euro. Über viele schöne Bilderbücher im Schrank würden sich unter anderem der vierjährige Neo und seine Freunde freuen. „Hier leben viele Kinder, die jetzt eingeschult wurden oder im Vorschulalter sind“, weiß Anwohnerin Marion Seidelmann. Sie möchte mit Jacinta Kellermann die Patenschaft für den offenen Schrank übernehmen.

Beide wollen ihn regelmäßig mit frischem Lesefutter auffüllen und sauber halten. Der Horster Sparkassenfilialleiter Gerd Ruhrmann hat daheim schon einen Packen Schmöker bereitgestellt, den er gern spendet. Doch in erster Linie vertritt er die Sparkasse Essen. Sie übernimmt ein knappes Drittel der Kosten von insgesamt 6.736 Euro. Etwa 150 bis 200 Bücher passen in die Schrankfächer. „Für alle Altersstufen sollte etwas dabei sein“, rät Hajo Kniel vom Vorstand des Essener Lesebündnisses , das dieses Kulturprojekt im Quartier ebenfalls finanziell­ fördern möchte.

Sein Interesse und den Spaß an Büchern gibt Kniel gern weiter. Seit zehn Jahren ist der 74-Jährige einer von 240 Lesepaten im Essener Verein. Wer sich dem ehrenamtlichen Kreis anschließen möchte, ist willkommen. „Wir bieten Neulingen eine Einführung mit Seminaren zur Stimmbildung.“ Wegen Corona müssen allerdings noch alle Besuche der Lesepaten ausfallen. „Verständlich, da die meisten von uns zwischen 65 und 70 Jahre alt sind“, so Kniel.

Unter den verschärften Hygieneregeln würden Kitas und Grundschulen Fremden zudem keinen Zutritt in die Einrichtungen gewähren, heißt es. Draußen mit Abstand vorzulesen, wäre auch keine Lösung. „Das Bücherpaten-Projekt lebt von der Nähe zu den Kindern“, weiß der zweifache Großvater.

Für die Belebung des Viertels haben die Anwohner noch viele weitere Ideen

Für seine Enkelin hat er trotz Corona-Kontaktverbot einen Weg gefunden: Über einen Video-Telefonie-Dienst las er der Vierjährigen am iPad etwas vor. Am Ende konnte er mit ihr über die Geschichte sprechen. Denn auch das gehört zur Vorlesestunde. Wer Lesepate wird, bekommt den Ausweis der Stadtbibliothek, um dort regelmäßig gratis aktuelle Bilderbücher oder Literatur für Kinder ausleihen zu können.

Mit der Eröffnung des Schrankes an der Mariannenbahn rechnen alle Beteiligten im Herbst. Erst muss die Finanzierung gesichert sein. Dann kann das öffentliche Möbelstück bestellt werden. Eine Firma in Köln baut die „Bokx“-Schränke, in die jeder Bücher stellen oder welche entnehmen kann. Die Idee dazu lieferten die Künstler Michael Clegg und Martin Guttmann.

Sie bauten 1993 in Mainz einen alten Schaltkasten zu einem Regal um und stellten es im öffentlichen Raum auf. Mittlerweile sind die Schränke perfektionierte Stadtmöbel, die optisch ansprechen.

Zur Belebung und Verschönerung ihres Viertels haben die Anwohner der Mariannenbahn weitere Ideen. Und manche schon umgesetzt. Auf dem Quartiersplatz an der S-Bahnhaltestelle gab es fröhliche Feste für alle Generationen. Ein engagierter­ Kreis von Nachbarn betreut­ den Spielplatz mit eigenen Geräten.

Sie sollen demnächst in einem Container sicher untergebracht werden können. Sofern es Corona erlaubt, soll die Eröffnung des Bücherschrankes von einer Veranstaltung umrahmt werden. „Mit Kinderpunsch und Glühwein, und einer kleinen Vorleserunde“, verspricht der Kulturbeauftragte Arnd Hepprich.